Weinkollegs 2021
Bei schönstem Oktobersonnenschein trafen sich 25 interessierte Gäste und Freunde der Vinothek im Hof zwischen Schloss, Kavaliersbau und Vinothek am vergangenen Samstag zum monatlichen Weinkolleg in Bönnigheim.
Ein sehr sorgfältig und umfangreich vorbereiteter Vortrag unseres Mitglieds und Vinothekars, Gerhard Krapf, über den „Grauburgunder“ ließ die aufmerksamen Zuhörer viel Neues und auch Erstaunliches über diese Weinsorte und ihren An- und Ausbau mit nach Hause nehmen. Damit auch die sinnliche Erfahrung des Gehörten nicht zu kurz kam, hatte der Vorsitzende der „Freunde der Vinothek“, Manfred Schmälzle gleich drei Burgunder-Weine zum Verkosten kalt gestellt.
Zunächst hatten die Gäste einen Weißburgunder trocken der Weinkellerei Kölle im Glas, da der Referent in seinem Vortrag zunächst auf die große „Burgunderfamilie“ einging. Bereits zur Zeit des Römischen Reiches soll es im heutigen Frankreich den Anbau des Pinot Noir, der vermutlich aus einer Wildrebe hervorgegangen ist, gegeben haben. „Mönche haben die Reben vermutlich dann schon im Mittelalter nach Deutschland gebracht“, erklärte Gerhard Krapf. Hier wird er „Spätburgunder“ genannt. Da diese Rebe stark zur Mutation neige, seien nicht nur hunderte von Klonen in sehr unterschiedlichen Qualitäten heute bekannt, sondern auch weitere eigenständige Sorten wie z. B. der Schwarzriesling (Pinot Meunier), der Saint Laurent oder der Samtrot, welcher eine Mutation des Schwarzriesling sei. „Aber“, so Krapf weiter, „der Pinot Noir mutierte auch zu den Weißweinsorten „Grauburgunder“ und „Weißburgunder“.
Bereits 1711 habe der Kaufmann Johann Ruland bei Speyer diese Rebsorte entdeckt und begonnen sie zu vermehren. Er nannte sie „Ruländer“. Bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts eine Weinsorte, die in Deutschland wegen ihrer Süße aus sehr reifen, teilweise edelfaulen Trauben gekeltert, noch sehr geschätzt wurde. „Heute präsentiert sich der Grauburgunder allerdings trockener, viel rassiger, strukturierter und eleganter als früher“, führte Gerhard Krapf seine Zuhörer zu einem trockenen Grauburgunder aus der Serie „Weisser-Excellent“ von der Winzergenossenschaft Stromberg-Zabergäu. „Ein Wein mit klarem Körper, extraktreich und frisch.“
Nach einem ausführlichen Bericht über Standort und geeignete Böden für den Grauburgunder und einem Exkurs zu den Edelfäule-Pilzen war die Anbaufläche in ganz Deutschland, die in den letzten von 4.400ha auf stark 7.000ha angestiegen ist, das Thema. Italien baut allerdings mehr als 22.000ha Pinot Grigio an. Da ist die Fläche des Grauburgunders in Württemberg mit gerade mal 380ha eine eher zu vernachlässigende Größe. Die Daten zitierte Krapf aus der Deutschen Weinstatistik von 2020.
Dennoch rundete der sich inzwischen in den Gläsern befindliche, im großen Holzfass gereifte, 2016er Grauburgunder trocken aus der Serie „Nobilis“ der WG Stromberg-Zabergäu das Weinkolleg gelungen ab. Zumal der frühere Vorsitzende und heutige Ehrenvorsitzende Hans-Joachim Jaeger diesen großzügig für alle zu seinem Geburtstag spendiert hatte. Dem Spender, den Organisatoren und besonders dem Referenten, Gerhard Krapf wurde mit herzlichem und kräftigem Applaus von allen „Weinkollegianern“ Dank und Wertschätzung entgegen gebracht.
Text und Fotos Hannelore Tiedke
Der Vorsitzende der Historischen Gesellschaft Bönnigheim und Leiter des Schnapsmuseums, Kurt Sartorius, hatte eingeladen und fast 20 „Freunde der Vinothek“, sowie einige Gäste fanden sich am vergangenen Samstag pünktlich im Keller des Schnapsmuseums ein. Dass Sartorius sich nicht nur beim Schnaps oder in historischen Gefilden bestens auskennt, bewies er durch seinen munteren Vortrag über das selbst gewählte Thema zur „Weinkultur in China“.
Seit mehr als 40 Jahren sei er Mitglied der Gesellschaft für Geschichte des Weines e.V., outete sich der bekennende Biergenießer gleich zu Beginn seines Vortrages. Allerdings erschien 2020 die 200ste Ausgabe der vereinseigenen „Schriften zur Weingeschichte“, welcher sich Kurt Sartorius mit viel Vergnügen in der Zeit des Lockdowns widmen konnte.
„Der Autor Peter Kupfer, Sinologe mit dem Arbeitsschwerpunkt Chinesische Sprache und Kultur, gibt in seiner Schrift eine tiefgründige Darstellung der chinesischen Wein- und Alkoholkultur Chinas“, so Kurt Sartorius. Dabei entfalte der Autor in der 300 Seiten umfassenden Schrift das gesamte Spektrum der chinesischen Alkoholgeschichte von den Anfängen bis in die Gegenwart. Die Teilnehmer des Weinkollegs erfuhren von den Zeugnissen aus dem Neolitikum wie versteinerten Traubenkernen oder Trinkgefäßen. Aber auch von schriftlichen Zeugnissen aus der Zeit 200 n. Chr., in der sich der Kaiserhof und die wohlbetuchten Chinesen an dem köstlichen Getränk labten, Gedichte darüber verfasst wurden und dem Wein aus Wildtrauben, Honig und anderen Zugaben Heilkräfte zugesprochen worden waren. Weinnamen wie „Drachenauge“ oder „Schwarzes Hühnerherz“ verdeutlichen, dass es verschiedenste Facetten einer Alkoholkultur zwischen Schamanismus, Opferkult und sozialer Bedeutung gab. All dies konnte der Redner nur kurz streifen, denn die Gäste sollten auch noch einen chinesischen Wein probieren dürfen und die Frage nach dem Stand der Weinwirtschaft in China heute und in Zukunft, sollte auch noch erörtert werden.
Den stärksten Schub erlebte das Thema Wein nach Sartorius´ Erkenntnissen schon unter Mao Tse-tung, der den Weinanbau und -konsum deutlich steigern ließ. In den 60er Jahren wurden die Franzosen, wie beispielsweise der Spirituosenhersteller des bekannten Cognacs Remy Martin, Partner der Chinesen in Sachen Weinanbau, Vinifizierung und Verkauf. Es entstand in China die weltweit größte Weinbauschule, von der die chinesischen Giganten der Weinindustrie noch immer profitieren. Heute betrage die Rebfläche bereits 900 000ha, wobei ein großer Teil auch den Tafeltrauben gewidmet sei. Seit den 90er Jahren sei die Imageprägung des Rotweins als Luxusgeschenk, Prestige- und Spekulationsobjekt zu beobachten, so Kurt Sartorius. Allerdings ginge es hier beispielweise um sehr teure Flaschen aus dem Bordeaux. In der eigenen Produktion dominieren die Sorten Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon und Chardonnay, zu 80 % werde Rotwein gekeltert.
Dass der chinesische Weißwein, den der Vorsitzende der Vinothekare, Manfred Schmälzle den Anwesenden kredenzen konnte, nicht allen Verkostern überzeugend mundete, konnte angesichts des sehr gelungenen Vortrags von Kurt Sartorius leicht verschmerzt werden. Der abschließende Applaus und die beiden überreichten Bönnigheimer Weine zeugten vom Dank und der Zufriedenheit aller Anwesenden.
Bei schönstem Wetter im herrlich schattigen Innenhof des Weingutes Dautel in Bönnigheim trafen sich 15 Vinothekare und auch einige Gäste zum ersten „Weinkolleg vor Ort“ der „Freunde der Vinothek Bönnigheim“. Sehr herzlich begrüßten Jungchef Christian Dautel und seine Mutter Hannelore ihre Gäste zu dieser ersten Fortbildungsveranstaltung -nach immerhin 16 Monaten Pause im gemütlichen Rund der weißen Stehtische unter blauem Himmel.
Nach einer kurzen Begrüßung durch den Vorstandvorsitzenden Manfred Schmälzle übernahm Chistian Dautel sofort das Thema: „Die Bedeutung der Lage und des Terroirs für einen Württemberger Riesling am Beispiel des Besigheimer Wurmberg trocken aus erster Lage.“
Um auch die Unterschiede von gleichen Weinen unterschiedlicher Jahrgänge mit allen Sinnen erfahren zu können, kredenzte der Referent zunächst den zart goldgelb schimmernden Riesling des Jahrgangs 2017 seinen Zuhörern. Diese in der Lage Wurmberg im Gewann Niedernberg Besigheim wachsende Rebstöcke reifen im Vergleich zu den umliegenden Rieslingen, die auf Schilfsandstein oder Gipskeuper angebaut werden, auf dem „super speziellen Muschelkalk“, so Christian Dautel. Die in der Bearbeitung zu flacheren Weinlagen vier- bis fünfmal so aufwendige steile Terrassenlage etwa 230m über dem Neckartal, bietet dem Weingut beste Lagenweine wie dieser Wurmberg trocken aus Erster Lage. Viele Rebstöcke sind hier 60 bis 80 Jahre alt. Erkennbar sind diese Grand Cru- und Erste Lagen-Weine des Hauses an ihren goldenen Kapseln, während die Stufen weiße und schwarze Kapseln den Gutsweinen und den Ortsweinen vorbehalten sind.
Bei der Vinifizierung legt Dautel Wert auf Spontanvergährung seiner Trauben, ein kleiner Teil kommt ins Holzfass, ansonsten wird mit Edelstahltanks gearbeitet. Obwohl 2017 ein sehr „warmer Jahrgang“ gewesen sei, hat der Riesling eine gute Säure und könne als schlanker Riesling beschrieben werden. Alle Trauben für jeden Jahrgang werden an einem Tag gelesen, wobei in der Regel zwei Durchgänge notwendig sind, um nur die besten Trauben für diese edlen Weine in den Keller zu bekommen. Da Dautels seit einigen Jahren auf den ökologischen Weinbau umstellen, werden die ca. 70 Ar Fläche nicht mit Herbiziden behandelt, sondern auch hier wird von Hand gemäht. Beim Spritzen ist an einen Zusammenschluss mit umliegenden Winzern gedacht, um kooperativ mit dem Hubschrauber arbeiten zu können. Als Plan B ist auch an ein Spritzen mit Drohnen gedacht, wie dies in einigen sehr steilen Weinregionen wie zum Beispiel dem Schweizer Wallis schon praktiziert wird.
Mit dem Wurmberg Riesling trocken des Jahrgangs 2019 verkosteten die Weinkolleg-Teilnehmer einen völlig anderen Wein. Deutlich heller im Glas, in der Nase erkennbar reduktive Aromen, die mit weiterer Flaschenreife im eigenen Keller daheim sich weiter verwandeln werden, entwickelte sich dieser Riesling „viel gradliniger und deutlich schlanker“ auf der Zunge und im Abgang. Ein schöner Körper, viel Dichte und schöne Frucht zeichnen diesen Wein aus oder wie Christian Dautel abschließend bekannte: „2019, ein super Riesling-Jahr“
Dass der alte Rebenbestand am Wurmberg, hier wachsen Reben, die bereits in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts gepflanzt wurden, ist auch den Freunden der Vinothek ein besonderes Anliegen. Immerhin gebe es nirgends in Deutschland so viele Trockenmauern wie im Landkreis Ludwigsburg betonte Dautel, auch wenn alles von Hand über die 175 Treppenstufen bei teilweise 35 Grad Celsius bearbeitet werden müsse. Dennoch seien die Lagen hervorragend für Weißweine geeignet. So erinnerten sich einige Kollegteilnehmer auch an die Grünveredlung eines Weinbergs, in dem bisher Merlot gestanden hatte. Hier war der alte Stock bis auf ein Auge abgesägt worden und dann das neue Chardonnay-Grünholz aufgepropft. Andere Wengert wurden ganz gerodet, lagen dann vier Jahre brach und sind erst 2018 neu bepflanzt worden. So sind auch dies jetzt ebenfalls beste Böden für elegante Rieslinge, Chardonnays oder den Cabernet Blanc, denen die wärmespeichernden Trockenmauern, von denen 125 Meter neu aufgeschichtet wurden, außerordentlich gut bekommen. Durch diese Arbeit wird eine Landschaft erhalten, die unsere Gegend prägt und kennzeichnet. Dass bei dieser intensiven Landschaftspflege und die Härte der Arbeit viel Idealismus gefragt ist und der Preis für diese Weine deutlich höher sein müsste, ist allen Anwesenden erneut deutlich geworden und der Respekt der Zuhörer für diese Arbeit unserer Wengerter sowie die Wertschätzung für die tollen Weine wurde in den Schlussworten von Manfred Schmälzle nochmals deutlich hervorgehoben.
Mit großem Applaus und dankenden Worten verabschiedeten sich die Gäste für diese gelungene Fortbildung bei Christian und Hannelore Dautel.
Text und Fotos: Hannelore Tiedke
Weitere Informationen
Vinothek am Schloss
Schlossstraße 35
74357 Bönnigheim
Tel. 07143-830759
Öffnungszeiten
Sa. und So. 13 - 17 Uhr
und nach Absprache